Wer in diesen Tagen die Ratsschulbibliothek in der Lessingstraße 1 besucht, dem wird im Lesesaal die weihnachtlich dekorierte Vitrine sicher auffallen. Darin zu sehen sind neben zahlreichen Büchern, die sich mit dem Thema Weihnachten beschäftigen auch jede Menge – für die Region typische – geschnitzte Figuren aus dem Erzgebirge. Die in liebevoller Handarbeit gefertigten „Mannel“ verräuchern unter anderem Räucherkerzchen und verbreiten den typischen Adventsduft in den meisten Zwickauer Stuben.
Wer sich die Vitrine näher besieht, wird darin auch so genannte Liedpostkarten finden. Die historischen Originale stammen aus der Feder von Hans Soph (1869-1954), der die Musik nicht nur selbst schrieb, sondern die Karten auch zeichnete und im eigenen Verlag (Verlag von Hans Soph, Zwickau) herausgab. Für die Veröffentlichung seiner Partituren konnte er den Zwickauer Buchhändler E. Walter Marx gewinnen, dessen Nachfahren auch heute noch eine Buchhandlung in Zwickau betreiben.
Soph, der als „Sänger des Erzgebirges“ bekannt war, verlebte seine wichtigsten Schaffensjahre in Zwickau, in einem Haus am Poetenweg. Seine Lieder und Gedichte verfasste er bis auf wenige Ausnahmen alle in Erzgebirgischer Mundart. Das bekannteste Lied von ihm ist sicher „Mei Hamit läßt mich grüß’n“, dass oft seinem „Kollegen“ Anton Günther zugeschrieben wurde. Hans Soph hat sich manchmal darüber geärgert. Aber richtig wütend wurde er, wenn im Radio eine Liedweise zum Chanson gemacht wurde. Dann soll er „Do könnt mer doch ‘s Kastel glei nach der Wand haue“ gebrummt haben. So beschreibt es sein Biograph Fred Heydel in „Das Hans-Soph-Buch“, welches auch in der Vitrine zu sehen ist.
Nach dem frühen Tod seiner Frau Frieda spazierte er von seiner Wohnung im Poetenweg gern über den heutigen Platz der Völkerfreundschaft, vorbei am damaligen König-Albert-Museum hin zum Friedhof ans Grab seiner Frau. Ihr schrieb er auch eines seiner wenigen nicht in Mundart verfassten Gedichte:
Meiner lieben Frau
Sie ist dahin in ewige Gefilde,
doch spür ich noch ihr Wirken
aus der Ewigkeit.
Sie lebte nur für mich
und ich für sie –
das gab uns beiden Harmonie
Neben den erwähnten Büchern und Karten von Hans Soph und jeder Menge erzgebirgischer Volkskunst, zeigt die Vitrine einen Querschnitt durch den weihnachtlichen Bestand der Ratsschulbibliothek, der alle interessierten Literaturfreunde der Stadt einladen möchte, doch einmal einen Besuch in die historische Bibliothek zu unternehmen. Denn anders, als man meinen könnte, verfügt die Ratsschulbibliothek nicht nur über historische Bestände, sondern bedient auch das Portfolio einer modernen öffentlichen Bibliothek.
Das Team der Ratsschulbibliothek wünscht allen eine besinnliche Vorweihnachtszeit, friedliche Feiertage und einen guten Rutsch mit den besten Wünschen für ein gesundes und glückliches neues Jahr 2023.
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!